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Es ist keine neue Erkenntnis, dass die Strukturen und Zusammenhänge in der globalisierten Welt ständig komplexer und unüberschaubar werden. Das gilt für alle Bereiche, für die Wirtschaft ebenso wie für die Politik oder das gesellschaftliche Leben. Allerdings müssen jeden Tag erneut gute Lösungen gefunden werden, um den Konsequenzen dieser Entwicklung gerecht zu werden und für die eigenen Botschaften und Anliegen Aufmerksamkeit zu bekommen. Glaubwürdigkeit ist unter diesen Bedingungen der zentrale Erfolgsfaktor im Unternehmensauftritt.

Über ethische Grundsätze, die Vertrauen und Glaubwürdigkeit fördern, ist Einiges im Glaubwürdigkeitsprinzip geschrieben worden (siehe Buch und Blog). Was aber hat Professionalität mit Glaubwürdigkeit zu tun? Reicht es nicht, als Absender von Kommunikations- und Marketingbotschaften ehrlich und authentisch zu sein? Die Antwort heißt: „Nein, es genügt nicht.“

Im Gegenteil: Wer sich Grundsätze wie Ehrlichkeit, Mut, Authentizität oder Transparenz zu eigen macht, muss sich gegenüber denjenigen behaupten, die mit dem Verstoß gegen eben diese Grundsätze kurzfristige Vorteile erzielen. Das mag noch hinnehmbar sein vor dem Hintergrund einer langfristig ausgerichteten Unternehmensstrategie, aber die Realität ist anders. Das beweist schon die aus den Fugen geratene politische Streitkultur, in der täglich um den Punktsieg gerungen wird und wo der kurzfristige taktische Vorteil Wahlmanöver entscheiden kann. Aber auch CEOs und Kommunikationsmanager stehen unter Druck. So fordert eine kurzatmige Aktienkultur ständig (in kurzem Quartalsrhythmus) Rechenschaft über Wert- und Umsatzwachstum. Auch Vertriebschefs, Kundenberater oder auch Personalleiter werden an Zahlen und raschem Erfolg gemessen und weniger an der Qualität ihrer Stakeholderbeziehungen. Und doch ist allen klar, dass der Kampf um Wettbewerbsvorteile und gute Ergebnisse hohl wird, wenn er nicht auf Vertrauen und Glaubwürdigkeit fußt.

Wer an den Grundsätzen des Ehrbaren Kaufmanns festhält, muss sich wehren und absichern. Das Mittel hierfür heißt Professionalität. Sie verhindert zum Beispiel, dass man von Interessen anderer und von spontanen Entwicklungen im Geschäftsumfeld getrieben wird. Strategische Kompetenz ist hier das Schlüsselwort. Die Fähigkeit zum strategischen Denken und Handeln ist nämlich eine wichtige Voraussetzung dafür, dass man sein Geschäft im Griff hat, dass man den eigenen Handlungsspielraum erkennt und ihn optimal nutzt. Strategische Kompetenz bedeutet wirkungsorientiertes (und damit effizientes) Handeln. In einem Impulsbeitrag auf der Blogplattform „Unternehmershuttle“ habe ich dies kürzlich genauer beschrieben.

Professionalität hat viele Facetten. Sie umfasst auch die Fähigkeit, Werte und Grundsätze anderen zu vermitteln. Sie bedeutet, Kunden, Mitarbeiter, Stakeholder für die eigenen Anliegen zu begeistern. Menschen folgen gerne denjenigen, die eine klare Richtung vorgeben, die einen Weg aufzeigen in einer Welt der Multioptionalität und die als Vorbilder berechenbar sind. Professionalität führt in vielfacher Hinsicht zu guter Orientierung und Transparenz. Sie befähigt dazu, Zusammenhänge deutlich zu machen und in einen größeren Rahmen zu stellen. So lassen sich beispielsweise verworrene Konfliktsituationen oftmals leicht auflösen, wenn die Betrachtung auf eine höhere Ebene gehoben wird und wenn Ziele wie Interessen von Kontrahenten aus anderer Perspektive klar gemacht werden. Dies setzt freilich strukturiertes Denken und Handeln voraus, sowie Kommunikationsstärke, Flexibilität und Zielorientierung. Kurz gesagt: die Komponenten professionellen Managements.

Mit professioneller Führung kann man kurzfristiges Handeln anderer ein Stück weit relativieren.

Es gibt noch einen weiteren Grund, warum die Glaubwürdigkeit von Kommunikation und Management Professionalität benötigt:
Widersprüche im Lebensstil sind heute überall selbstverständlich geworden. Die Bürger haben als Kunden, Verbraucher oder auch als Wähler oftmals gegenläufige Interessen. Sie erwarten zum Beispiel bei Lebensmitteln hohe Qualität und permanente Verfügbarkeit, sind aber nicht bereit, den Wert in Form angemessener Preis zu honorieren. Die Bürger wollen einen Staat mit dickem sozialen Polster, verstehen aber Steuern und Abgaben nicht als notwendigen Beitrag dazu. Entsprechend widersprüchlich sind die Erwartungen, denen Unternehmen und Manager gerecht werden müssen. Aber nur wer die Erwartungen seiner Stakeholder aufmerksam beobachtet, kann auch glaubwürdig handeln. Schließlich beruht Glaubwürdigkeit nicht auf eigener Einschätzung, sondern auf der Bewertung durch andere.

Privat reicht es, Werte und Grundsätze zu haben. Man muss diese nicht erklären; die Menschen im Umfeld spüren sie. Bei Managern und Unternehmen ist dies anders. Sie können ihre Positionierung in der Öffentlichkeit und ihre Reputation nicht dem Zufall überlassen, sondern müssen diese professionell und umfassend managen. Aus diesem Grund ist auch die „Corporate Social Responsibility“, also die gesellschaftlichen Verantwortung der Unternehmen, kein „Spaßfaktor“, sondern eine unternehmerische Haltung, die höchste Professionalität und strategische Kompetenz erfordert.

Fazit:

Werte und Professionalität sind zwei Seiten einer Medaille. Beide zusammen stärken Stakeholderbeziehungen, indem sie Sicherheit, Transparenz und Orientierung fördern. Damit Werteorientierung auch Vertrauen und Glaubwürdigkeit erzeugt und nicht im Kampf um den raschen Wettbewerbsvorteil auf der Strecke bleibt, bedarf es strategischer Kompetenz und Professionalität in Management und Kommunikation von Unternehmen.