Glaubwürdigkeit ist ein schwieriges Thema. Die Menschen, ob als Kunden, in speziellen Interessengruppen oder schlicht als kritische Bürger, erwarten, dass Unternehmen, Organisationen und ihre Manager glaubwürdig sind. Nur so kann Vertrauen entstehen. Jene bemühen sich darum … und doch fällt die engagierte Diskussion dazu schwer. In diesem Blog setzen wir uns seit einigen Monaten ebenso pragmatisch wie kritisch mit aktuellen und wichtigen Aspekten der Glaubwürdigkeit auseinander. „Bringt das etwas?“ Brauchen wir diese Diskussion? Tanja Berg geht in Ihrem Gastbeitrag dieser Frage nach. Tanja Berg arbeitet als Coach und HR-Expertin in Köln.
Im Facebook-Diskurs zum SpiegelKarriere-Artikel „Meine Firma, das Irrenhaus“ (online publiziert am 28. April 2011) beschreiben Sie es trefflich, wenn Sie sagen: „Ich glaube nicht, dass es eine Gesamtethik in der Gesellschaft gibt und dass die Gesellschaft insgesamt zu einem Zustand strebt, der allen zusammen das Beste bringt. De facto haben wir es heute einerseits mit ethischen Inseln zu tun und andererseits mit einer Fülle von Egoismen und individuellen Interessen, die Management grundsätzlich schwierig machen.“
Das ist die Basis: Eine gesamtgesellschaftliche Ethik wäre zwar wünschenswert, ich glaube jedoch auch, sie wird sich aus einer Vielzahl von Gründen nicht realisieren lassen. Wohl aber glaube auch ich an die schlummernden Fähigkeiten in jedem Einzelnen, die gefördert, befähigt und in Mitarbeitern gestärkt werden sollten, nein, müssen. ‚Empowering‘ ist auch hier ein gutes Wording … und vielleicht der zentrale Leitbegriff überhaupt. Er beinhaltet auch, die Befähigung zu werteorientiertem Handeln. Wie auch immer wir es benennen, letztlich kann es nicht sein, dass ich erst dann darüber nachdenke, als Führungskraft wertorientiert zu agieren, wenn mir danach ist, oder ich vielleicht bereits schon Jahre diese Rolle inne habe und nicht weiß, warum etwas schief läuft oder auch erst, wenn es seitens des Unternehmens von mir verlangt wird. Unternehmen können und werden sich nicht die Zeit nehmen, Einzelne von einer wertorientierten Grundeinstellung zu überzeugen. Wir müssen daher hier die ethische Grundhaltung Menschen generell gegenüber in den Fokus rücken – und deren darauf aufbauende Förderung.
Natürlich brauchen wir dazu nicht die „Chaka-Motivatoren“ vergangener Tage, wie es vielleicht in den zahlreichen Diskursen über dieses Thema auf Facebook und anderenorts aufgefasst wurde, auch geht es keineswegs um die Forderung an Unternehmen, einen „Kuschelkurs“ einzuschlagen (in dem jeder beliebig seinen Wertvorstellungen und Interessen folgt). Wohl aber geht es um die Schaffung von Sensibilität für notwendige Veränderung.
„Wir müssen das, was wir sagen, tun. Wir müssen das, was wir tun, dann auch sein.“
Alfred Herrhausen
Letztlich kommen Unternehmen um (a) eine ehrliche Selbstanalyse und (b) die Befähigung ihrer Mitarbeiter / Führungskräfte nicht herum – nicht nur, um wettbewerbsfähig zu sein und sich den Ansprüchen von Share- und Stakeholdern zu stellen, sondern sich gleichsam nicht selbst die Chance auf eine tragfähige, stabile und dadurch auch flexible Unternehmenskultur auf die sich ständig im Wandel befindenden Märkte und zufriedene, selbstverantwortlich agierende Mitarbeiter zu verwehren. Schlichtweg auch, um ihre eigenen Kompetenzen einfach nicht zu untergraben. Unternehmen haben viel mehr zu bieten, wenn sie wüssten, welches Potenzial in ihnen schlummert.
Über all dies müssen wir kritisch nachdenken. Wir müssen uns austauschen. Wir brauchen den offenen und engagierten Dialog hierüber, was gut und was schlecht, was hilfreich und weniger hilfreich, was glaubwürdigkeitsfördernd und was Glaubwürdigkeit und Vertrauen eher abträglich ist. Das müssen wir uns ganz pragmatisch und konkret in jeder Managementsituation, bei strategischen wie auch bei operativen Entscheidungen fragen. Daher brauchen wir das Glaubwürdigkeitsprinzip und die Impulse in diesem Blog.