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Mehr Aufmerksamkeit für Kommunikationsbelange

Kommunikationsmanager sind Sparringspartner für die Unternehmensführung. Je mehr die Kommunikation von den Top-Managern überhaupt als zentrales Instrument des Managements begriffen wird, desto größer ist in der Regel der Einfluss der PR-Profis und desto besser funktioniert auch das vertrauensvolle Zusammenspiel zwischen Chefebene und Kommunikation. Allerdings gelingt das nicht immer und nicht in allen Unternehmen gleichermaßen gut. Bisweilen finden wichtige Kommunikationsanliegen in bedeutenden Situationen kein oder nicht angemessen Gehör auf Top-Ebene. Das kann schlimme Konsequenzen haben – für das Unternehmen, für die Manager an der Spitze und natürlich für den Kommunikationsbereich selbst.

Dabei ist es nicht immer leicht zu erkennen, wenn Kommunikationsinteressen aus dem Blickfeld geraten; die „Symptome“ scheinen oft trivial:  Mal trifft das Top-Management schwer kommunizierbare Entscheidungen, ohne die PR-Experten vorab einzubinden, mal hält man sich nicht an abgestimmte Kommunikationsstrategien oder -Pläne, Standards oder Sprachregelungen oder es werden in anderer Weise Spielregeln und Rahmen der Kommunikation verändert, z.B. durch Kürzung von geplanten Projektbudgets. Mögliche Kommunikationsrisiken werden dabei nicht immer mitgedachtt.

Wie kann man das verhindern? Wie kann man sich im Top-Management dauerhaft Gehör verschaffen und Einfluss sichern? Fünf Faktoren sind hierbei wesentlich. Es sind Faktoren, die für die Unternehmensleitung einen Mehrwert bedeuten und Kommunikationsmanager unentbehrlich machen. Dabei sind sie keineswegs neu, nur nutzt sie längst nicht jeder PR-Manager konsequent für die eigene Arbeit aus.

In diesen Faktoren liegt ein Hebel für eine noch bessere Kommunikationsperformance. Grund genug, genauer hinzuschauen. Hierzu die folgenden Anregungen.

Spurensuche: Warum bleiben Kommunikationsanliegen überhaupt manchmal auf der Strecke?

Wenn PR-Profis zu wenig Einfluss haben, um Kommunikationsinteressen im entscheidenden Moment Gehör zu verschaffen, gibt es dafür drei Anlässe:

  1. Ignoranz von Kommunikationsanliegen kann eine kulturelle Ursache haben. Gewöhnlich ist eine starke Kommunikation im Unternehmen das Merkmal einer ausgeprägten, lebendigen und vertrauensvollen Kultur. Wenn sich folglich Top-Manager nicht an Standards oder Regeln der Kommunikation halten oder vereinbarte Strategien ignorieren, deutet das auf eine schwache Unternehmenskultur, fehlende Prinzipien oder auch unwirksame Governance-Stukturen hin. Fachkompetenz alleine hilft der PR da nicht weiter. Dieses (gar nicht seltene) Phänomen sitzt vielmehr tiefer und basiert auf einer Haltung, die Unternehmensinteressen hintanstellt. Das zu beheben und für eine unternehmensweit verankerte, verbindliche Kultur zu sorgen, ist nicht allein, aber auch Auftrag der Unternehmenskommunikation. Kultur ist kein „nice to have“.
  2. Eine zweite Ursache ist „unternehmenshistorisch“ zu betrachten und hängt vorrangig mit den Schwerpunkten der handelnden Personen zusammen. Umbrüche im Unternehmen spielen hier eine besondere Rolle, vor allem personelle Wechsel im Top-Management oder in der Kommunikationsleitung. Beide Veränderungen sind nicht selten mit einem Review und einer Neuausrichtung der Unternehmenskommunikation verbunden. Darin liegt die Chance, Kommunikationsanliegen grundsätzlich mehr Gehör und Aufmerksamkeit zu verschaffen. Wird diese Gelegenheit im Zuge von Veränderungen nicht genutzt, ist es schwer, später mehr Verständnis und Wertschätzung für Kommunikationsbelange zu erreichen.
  3. Der dritte und aus meiner Sicht wichtigste Grund ist strategischer Natur und hat damit zu tun, welche Schwerpunkte Kommunikationsmanager in ihrer Arbeit setzen. Es wird gemeinhin wenig beachtet (und darin liegt ein Risiko), dass Kommunikationsmanager meistens dann ein schwaches Profil und geringe Durchsetzungskraft haben, wenn sie sich ausschließlich auf ihren Kernauftrag konzentrieren, das heißt auf die zentralen Maßnahmen der internen und externen Kommunikation. Gute Kommunikation alleine (etwa eine erfolgreiche Pressearbeit) führt aber nicht zwangsläufig zu besonderer Wertschätzung. Vertrauen und Einfluss erreicht man vielmehr durch über das notwendige Tagesgeschäft hinausgehende, herausragende Maßnahmen. Das kann eine Kampagne sein, die besondere Positionierung in einem Themenfeld, ein starkes Event, eine Publikation mit außergewöhnlichem Mehrwert oder irgendein anderes Kommunikationsprojekt – entscheidend ist die damit verbundene besondere Reputationswirkung nach innen und außen. Nur über Highlights wird der besondere Wert der Kommunikation für andere sichtbar. Nur so schafft man es auch, Vorstände für Kommunikationsanliegen nicht nur zu sensibilisieren, sondern zu gewinnen. Wer hierzu Genaueres wissen möchte, findet im Beitrag „Alles wichtig oder was? Zur Differenzierung von Basis-, Service- und Highlightprojekten in der Kommunikation“ den Mechanismus beschrieben.

Der letzte Punkt führt uns unmittelbar zu den fünf Faktoren, die wir näher betrachten wollen. Er macht nämlich deutlich, wie sehr das interne Standing der Unternehmenskommunikation nicht nur von fachlicher Expertise und Exzellenz im Kerngeschäft abhängt, sondern vom „Add on“, vom spürbaren Mehrwert insbesondere für die Unternehmensleitung.

Anregungen, um Kommunikationsanliegen mehr Gehör zu verschaffen: Mit diesen fünf Faktoren bieten Kommunikatoren für Unternehmenschefs einen besonderen Nutzen

Was also ist zu tun? Kommunikationsmanager können ihre Position auf der Chefebene nachhaltig stärken, wenn sie das Top-Management in seinem Führungsauftrag unterstützen und dabei Kommunikation als Managementinstrument vielfältig nutzbar machen.

Konkret geht es um diese Rollen:

  1. Kommunikationsmanager als Stimmungsbarometer
  2. Kommunikationsmanager als Spielführer des partizipativen internen Dialog
  3. Kommunikationsmanager als Kulturtreiber und Identifikationsanker
  4. Kommunikationsmanager als Beispiel für Effizienz und Verantwortung
  5. Kommunikationsmanager als Impulsgeber für Innovation und Reputation

Kommunikationsmanager als Stimmungsbarometer

Kommunikationsmanager sind als Schnittstelle und Vermittler zwischen internen Stakeholdern und Unternehmensleitung gefordert. Vor allem in großen Konzernen ist bisweilen eine gewisse Ferne der Unternehmensleitung von der Basis, d.h. von den Erwartungen und Befindlichkeiten der Mitarbeiter und Führungskräfte festzustellen. Es ist nicht immer leicht, die Stimmungslage richtig einzuschätzen, mögliche Problemfelder oder relevante Themen zu identifizieren und auch die Wahrnehmung des Managements im Unternehmen (und damit die eigene Akzeptanz) im Blick zu behalten. Oft scheuen sich Mitarbeiter oder Führungskräfte ihrerseits, kritische Themen auf Top-Ebene anzusprechen. Wer aber, wenn nicht die Unternehmenskommunikation, könnte dann die notwendige Transparenz schaffen und kritische, klärungsbedürftige Themen adressieren? Das ist „unbequem“  und erfordert bisweilen Mut. Kommunikationsmanager sind es aber am ehesten gewohnt, in solchen Fällen die Komfortzone zu verlassen.

Das Management braucht Informationen und Einschätzungen über die Stimmungslage und Erwartungen im Unternehmen, um die richtigen Entscheidungen zu treffen. Es ist auf die Analysen und Empfehlungen der PR angewiesen.

Praxis und Empfehlung: Nicht selten unterscheidet sich die Wahrnehmung von Vorständen wesentlich von der Realität. Sie sind dann für notwendige Weichenstellungen nicht sensibilisiert, auch weil weder Führungskräfte noch Mitarbeiter und erst Recht nicht externe Berater für Transparenz sorgen. Für genauere Ausführungen zu diesem verbreiteten Phänomen verweise ich auf meinen Beitrag „Zwischen Macht und „Unmündigkeit“: Was CEOs und PR-Manager von Immanuel Kant lernen können“. Kommunikationsmanager müssen Erwartungen und Anliegen der (internen) Stakeholder beim Top-Management adressieren. Machen Sie die Kommunikationssituation im Unternehmen und relevante Handlungsfelder konsequent deutlich!

Spielführer des partizipativen internen Dialogs

Gehör und Akzeptanz für Kommunikationsanliegen kann man auch durch Partizipation sichern. Wer die Einbindung von Führungskräften und Mitarbeitern in den Unternehmensdialog etwa durch Mitarbeiterbefragungen, Responsetools, interaktive Foren oder gute Dialogformate lebendig und attraktiv gestaltet, kann Kommunikationsanliegen besser vermitteln. Davon profitiert auch das Management: In einer kommunikationsstarken, partizipativen Organisation fällt es ihm leichter, mit den eigenen Anliegen durchzudringen und auch für unbequeme Entscheidungen Verständnis und Akzeptanz zu finden. Kommunikationsmanager bereiten dafür den Boden. Ein besonders interessantes Instrument sind in diesem Zusammenhang Corporate Blogs, die Mitarbeitern und Führungskräften die Möglichkeit geben, selbst interessanten Content auf einer unternehmenseigenen Plattform beizusteuern und darüber an der Attraktivität des öffentlichen Profils des Unternehmens konkret mitzuwirken.

Praxis und Empfehlung:

Interne Kommunikation ohne spannende Formen der Einbindung funktionieren immer weniger. In den Social Media suchen Mitarbeiter längst eigene Wege, um sich auch über Unternehmensthemen auszutauschen und ihre Meinungen zu bilden. Steigern Sie daher intern Akzeptanz und Einfluss der Kommunikation über partizipative Kommunikationsangebote! So kann man auch Mitarbeiter und Chefetage näher zusammen bringen.

Kommunikation als Kulturtreiber und Identifikationsanker

Wie schafft man es, dass die Kommunikation Werte und Prinzipien der Unternehmensmarke reflektiert und auf die Reputation einzahlt? Wie sichert man das, was eine starke Marke ausmacht: Konsistenz? Kommunikation muss authentisch sein und zur Marke passen, damit sich Mitarbeiter und Führungskräfte mit dem Unternehmen identifizieren. Das stärkt die Reputation und Leistungsfähigkeit des Unternehmens. Kommunikationsmanager sind als Berater von Vorständen unentbehrlich, indem sie auf die Passgenauigkeit von Kommunikation und Verhalten des Top-Managements zur Marke und auf mögliche Konflikte hinweisen.

Praxis und Empfehlung:

Top-Manager sind Stimme und Gesicht des Unternehmens, aber auch persönliche Projektionsfläche für Lob und Wertschätzung sowie für Kritik und unerfüllte Erwartungen der Öffentlichkeit und intern. Unpassende Kommunikation, falsche Signale oder Fehlverhalten von Spitzenmanagern stürzen trotzdem immer wieder Unternehmen in die Krise. PR-Profis müssen auf das markenkonforme Verhalten und die Kommunikation der Unternehmensleitung achten. Machen Sie ggf. Konflikte deutlich. Das stärkt auch die Glaubwürdigkeit des Kommunikationsauftritts.

Kommunikationsmanager als Beispiel für Effizienz und Verantwortung

Überall steigt der Kosten- und Leistungsdruck. Kommunikation erfordert personelle und finanzielle Ressourcen, ist aber für viele ein Buch mit sieben Siegeln. Ein bisschen haftet PR-Abteilungen auch das Image der „Geldverbrenner“ an, was die Akzeptanz der Funktion schmälert. Daher müssen auch Kommunikationsmanager deutlich machen, wie sie effektiv, effizient und unternehmerisch verantwortungsbewusst handeln. Das stärkt ebenfalls ihre Glaubwürdigkeit und den Einfluss im Top-Management. Konkret heißt das zum Beispiel, gewohnte Strukturen und Abläufe immer wieder auf den Prüfstand zu stellen und veränderten Anforderungen flexibel anzupassen, externe Dienstleister professionell zu steuern sowie Projektbudgets richtig zu kalkulieren (nicht zu niedrig, aber auch nicht zu hoch).

Praxis und Empfehlung:

Erfahrungsgemäß bleiben Möglichkeiten zur Optimierung und Effizienzsteigerung der Kommunikation oft ungenutzt. Mithilfe einer kommunikationsbezogenen Due Diligence kann man die Leistungsfähigkeit der Kommunikation nicht nur prüfen, sondern auch intern gut dokumentieren. Gerade in sensiblen Situationen, etwa bei unternehmensweiten Restrukturierungsmaßnahmen, kann die Unternehmenskommunikation noch besser thematisch und inhaltlich überzeugen, wenn sie selbst Vorbild für wirtschaftlich verantwortungsbewusstes Handeln ist. Durch Effizienz beweisen Kommunikationsmanager auch ihre strategische Kompetenz.

Kommunikationsmanager als Impulsgeber für Innovation und Reputation

Da die Kommunikationsabteilung den besten Überblick über Entwicklungen und aufkommende relevante Themen hat (und auch das Issue Management betreut), ist sie ein natürlicher Impulsgeber für Innovationen. Sie muss Zukunftsthemen benennen, entsprechende Projekte anregen und so aktiv zur Modernisierung und zur Sicherung des Fortschritts und des Wachstumskurses beitragen. Die Veränderungsbereitschaft im Konzern lebendig zu halten, sollte ein Leitprinzip der Kommunikation sein. In diesem Zusammenhang ist die Berater- und Sparringsfunktion der Kommunikation für das Top-Management unentbehrlich. Für die zukunftsorientierte Weiterentwicklung des Unternehmens entstehen im engen Austausch zwischen Unternehmensleitung und PR-Team in der Regel wichtige Impulse.

Praxis und Empfehlung:

Welche Auswirkungen es haben kann, wenn entscheidende Innovationsimpulse im Unternehmen ausbleiben und wie Kommunikationsmanager dazu beitragen könnten, kann man an etlichen Beispielen prominenter Konzerne beobachten. Mit VW als Aufhänger habe ich dies u.a. im Beitrag „Drei Kernaufgaben der Konzernkommunikation: Neue Impulse für Wachstum und Modernisierung“ beschrieben. Sehr oft ist die Kommunikation stark nach außen gerichtet und ihre Innenwirkung – vor allem bei unternehmens- und zukunftsrelevanten Themenfeldern – wird unterschätzt. Kommunikationsmanager sollten nicht nur Innovationsthemen im Top-Management adressieren, sondern grundsätzlich Veränderung und Innovation als ein Leitprinzip der Unternehmenskultur verankern – zum Beispiel über Plattformen, die den Dialog forcieren.

Appell zum Review: Wie gut schaffe ich es wirklich, Kommunikationsbelange auf die Agenda des Top-Managements zu setzen?

Manch einer mag sich fragen, ob die vorangehenden Betrachtungen überhaupt auf die eigene Situation zutreffen. Schließlich hat die Kommunikation prinzipiell eher eine herausgehobene Position und eine größere Wahrnehmung als andere Unternehmensbereiche. Aber zum einen belegen Studien immer wieder, dass sich ein nicht geringer Teil der Kommunikationsmanager über mangelndes Gehör im Top-Management beklagt, zum anderen ist eine starke Präsenz des Kommunikationschefs auf Top-Ebene nicht zwangsläufig eine Garantie dafür, dass Kommunikationsanliegen berücksichtigt werden. Kommunikationsmanager sollten daher ihren eigenen Einfluss immer wieder kritisch prüfen. Wie gut sie in der Unternehmensleitung  Gehör finden, zeigt sich manchmal auch an Details. Wenn der CEO zum Beispiel in Fragen der Kommunikation regelmäßig lieber einen externen Kommunikationsberater anstelle des eigenen Kommunikationsteams anruft, sollte man ins Grübeln kommen.

Fazit

Kommunikationsmanager machen sich als Sparringspartner, Ratgeber und Unterstützer des Top-Managements unentbehrlich, wenn sie über die Planung und Umsetzung der internen und externen Kommunikationsmaßnahmen hinaus fünf Faktoren im Blick behalten:

  1. Als Stimmungsbarometer klären sie das Top-Management über Erwartungen und Anliegen der Stakeholder sowie über kritisch wahrgenommene Themen auf. Sie stellen insofern auch die „Bodenhaftung“ der Führungsebene sicher.
  2. Als Spielführer des partizipativen internen Dialogs sichern sie die Attraktivität, Akzeptanz und Wertschätzung der Unternehmenskommunikation intern, indem sie Mitarbeiter und Führungskräfte einbinden (bzw. das Gefühl der Einbindung geben).
  3. Als Kulturtreiber und Identifikationsanker sorgen sie für eine konsistente, authentische, zu den Marken- und Unternehmensprinzipien passende Kommunikation des Top-Managements. Damit fördern sie die Identifikation mit dem Unternehmen.
  4. Als Beispiel für Effizienz und Verantwortung demonstrieren sie, dass sich auch Kommunikationsmanager (denen man oft „Geldverbrennung“ vorwirft) effizient, flexibel und strategisch klug aufstellen. Sie machen den Wertbeitrag der Unternehmenskommunikation zum Unternehmenserfolg deutlich.
  5. Als Impulsgeber für Innovation und Reputation regen sie aktiv zur Modernisierung und Fortschritt in relevanten Feldern an und unterstützen so den Wachstumskurs des Unternehmens.

Ein Selbstläufer ist all dies nicht. Kommunikationsmanager müssen täglich aufs Neue um Gehör und Einfluss bei den relevanten Stakeholdern kämpfen. Das muss gelingen. Wenn Kommunikation keine Leadfunktion im Unternehmen hat, wird sie ihrem Auftrag nicht gerecht.

Machen Sie etwas daraus!