Mythos Kulturwandel
Wer angesichts dramatisch veränderter Wettbewerbsbedingungen erfolgreich und zukunftsfähig bleiben will, braucht neben geeigneten Strategien vor allem die Fähigkeit, diese auch umzusetzen. Die beste Strategie ist Makulatur, wenn die Kultur im Unternehmen ihre Umsetzung behindert. Das Zauberwort heißt: Kulturwandel – die Veränderung von Haltung und Verhalten aller Mitarbeiter und Führungskräfte. Dahinter verbirgt sich eine der zentralen Herausforderungen, die Unternehmen heute zu meistern haben.
Für manche ist das fast schon ein „magischer“ Begriff, als könne man Organisationen „umprogrammieren“ (wie die „Umwertung aller Werte“ bei Friedrich Nietzsche) und über Umdenkprozesse automatisch zum Erfolg führen. Grundsätzlich ist der Kulturwandel ein unverzichtbarer und natürlicher Bestandteil kontinuierlicher Unternehmensentwicklung. Bei großen strategischen Weichenstellungen bis hin zur Neuausrichtung des Unternehmens erfordert er allerdings einen besonderen Aufwand: ein systematisch geplantes Vorgehen, eine eigene Strategie und die Berücksichtigung bestimmter Grundsätze. Keine „Zauberei“ also, sondern knallharte Aufgabe für das Management. Konzernen fällt der Kulturwandel erfahrungsgemäß schwerer als mittelständischen Betriebe, schon wegen ihrer Größe, Komplexität und geringeren Flexibilität.
Was konkret zu tun ist, damit der Kulturwandel gelingt, warum Kommunikationsmanager hierbei eine Schlüsselrolle haben und warum jetzt alle gespannt auf Volkswagen blicken, darum geht es in diesem Beitrag.
Den aktuellen Aufhänger liefert wieder einmal der Autokonzern. Gerade hat der Vorstandsvorsitzende Matthias Müller die Konzernstrategie 2025 für VW verkündet und nach eigener Aussage den größten Veränderungsprozess in der Geschichte des Unternehmens eingeleitet. Ziele und strategische Eckpfeiler der Transformation hat er vorgestellt. Aber zum Kulturwandel, der Grundlage zur Umsetzung dieser Strategie, hat er wenig gesagt. Gewiss, eine „offene, werteorientierte, auf Integrität aufbauende Unternehmenskultur“ soll etabliert werden. Und dazu trägt offenbar die geplante Initiative „Organisation 4.0“ bei. Genaueres blieb jedoch im Dunkeln – obwohl der Konzern ja bekanntlich gerade wegen seiner Unternehmenskultur aus dem Lot geraten ist. War die Verkündung der Konzernstrategie also jetzt der Startschuss zum Kulturwandel?
Was heißt überhaupt Kulturwandel?
Früher wurde Unternehmenskultur als etwas Gewachsenes betrachtet – quasi als starres Spiegelbild der Menschen im Unternehmen. Heute gehören zur Unternehmenskultur nicht nur Identität und Werte, sondern vor allem deren Fähigkeit zum Wandel, zur Anpassung an veränderte strategische Anforderungen und Rahmenbedingungen.
Unternehmen sind mehr denn je darauf angewiesen, dass sich Mitarbeiter und Führungskräfte diesen Anforderungen rasch anpassen. Die Kultur ist insofern selbst zum Gegenstand permanenten Wandels geworden.
Sie muss Transparenz und Orientierung unter veränderten Unternehmens- und Umfeldbedingungen schaffen und die Organisation zur Veränderung befähigen. Vor diesem Hintergrund ist der Kulturwandel heute der Leitbegriff einer Unternehmenswelt, in der Werte wie Flexibilität, Anpassungsfähigkeit und Resilienz zählen.
Böse Zungen behaupten, er würde immer dann gefordert, wenn Strategien versagt haben. In Wahrheit zeigen solche Fälle aber nur, wie groß die Herausforderung ist und dass sie nicht nur die richtigen Weichenstellungen, sondern auch Zeit erfordert.
Warum fällt großen Konzernen der Kulturwandel besonders schwer?
Manche Unternehmen sind schon gut dabei – bei Daimler, Opel, Lufthansa, Thyssen zum Beispiel ist der Kulturwandel schon vorangeschritten, andere wie etwa die Deutsche Bank treten trotz intensiver Bemühungen schon lange auf der Stelle. Wieder andere haben sich kulturell spürbar weiterentwickelt, sind aber lange noch nicht am Ziel, die Deutsche Bahn etwa. Warum gelingt es den einen, den anderen aber nicht?
Natürlich gibt es Faktoren, die den Kulturwandel in Konzernunternehmen grundsätzlich erschweren und die man im Bick behalten muss:
- Größe und Komplexität der Konzernstrukturen hatte ich gerade als eine Begründung erwähnt. Mit zunehmender Unüberschaubarkeit ist es aufwändiger, die Einhaltung von Unternehmensprinzipien, Werten und Spielregeln zu kontrollieren und sicherzustellen.
- Hinzu kommt, dass große Unternehmen im Zuge ihres Wachstums durch Fusionen, Übernahmen, aber auch durch internationale Expansion oft kulturell inhomogen geworden sind. Unterschiedliche kulturelle Elemente beeinflussen dann nicht nur die Zusammenarbeit in den Unternehmen, sondern auch deren Veränderungsfähigkeit.
- Und gewiss begünstigt auch das spezielle Innenleben von Konzernen eine gewisse Unflexibilität: ich meine z.B. Menschen, die jahrzehntelang intern Karriere gemacht haben und im Blick eingeengt sind, oder die Gefahr der selbstverschuldeten Isolation im Top-Management (siehe hierzu meinen Beitrag „Zwischen Macht und „Unmündigkeit“: Was CEOs und PR-Manager von Immanuel Kant lernen können“).
- Aus diesen Gründen ist es in großen Organisationen auch schwerer, bestimmte kulturrelevante Handlungsfelder wie Compliance oder Nachhaltigkeit zu etablieren.
- Hinzu kommt: Manche Top-Manager haben ein falsches Verständnis von Unternehmenskultur als einem isolierten Handlungsfeld (anstelle einer integrierten Betrachtung). Wenn dann vielleicht noch der Kulturwandel auf bestimmte Einzelthemen verengt wird, z.B. auf Gender-Themen oder die Frauenquote, führt das nicht zum Ziel.
Die letzten drei Punkte kommen auch im Mittelstand und in größeren Familienunternehmen vor.
Angesichts der positiven Konzernbeispiele, in denen der Kulturwandel zu erkennbaren Veränderungen geführt hat, können die genanten Faktoren allein aber nicht als Gründe herhalten. Bei genauem Hinsehen hängt der Erfolg des Kulturwandels maßgeblich von der Person oder den Personen an der Spitze des Unternehmens ab: vom CEO oder auch von den Eigentümern bzw. dem Aufsichtsrat. Wenn sich diese Personen als glaubwürdige Leitbilder und Wegweiser für Wandel und Zukunftsfähigkeit engagieren, stehen die Erfolgschancen gut. Manager können als glaubwürdige Vorbilder kulturhemmende Faktoren ausgleichen.
Noch ein weiteres Indiz belegt die Relevanz der Köpfe an der Spitze: Die Tatsache, dass sich die Wirtschaft vor allem in den letzten Jahren verstärkt mit der Herausforderung des Kulturwandels befasst, kann man m.E. nämlich auch auf den Generationenwechsel im Top-Management zurückführen. Die Relikte der alten Deutschland AG, Manager des „alten Typs“, sind weitgehend durch eine Generation von Managern abgelöst worden, die die Krawatte nicht nur förmlich, sondern auch mental abgelegt haben und die wissen, dass strategische Weichenstellungen nur mit kultureller Anpassung und Weiterentwicklung funktionieren. Die neue Manager-Generation weiß: Neuausrichtung zieht den Kulturwandel nicht nach sich, sondern setzt ihn voraus.
Kommunikationsmanager in der Pflicht:
Kulturwandel muss interne Kommunikationsfähigkeit sicherstellen
Wie in jedem Veränderungsprozess ist auch im Kulturwandel die Kommunikation der Schlüsselfaktor. Aus gutem Grund: Denn es geht in dieser Situation oft darum, schwierige Themen, neue Anforderungen, Erwartungen und Spielregeln überhaupt kommunizierbar zu machen.
Kommunikationsprofis sorgen mit ihrer Arbeit für Umdenken und Verhaltensänderung. Sie machen Werte und Grundsätze der (veränderten, flexibleren) Unternehmenskultur für die verschiedenen Unternehmensbereiche anschlussfähig und umsetzbar. Die Veränderung eines Unternehmens setzt schließlich eine hohe interne Kommunikationsfähigkeit auf allen Ebenen voraus. Hier sind die Kommunikationsmanager in ihrer Kernkompetenz gefordert.
Zwingende Voraussetzung für einen erfolgreichen Kulturwandel ist daher, dass das Kommunikationsmanagement das Gewicht, das Gehör und den Gestaltungsspielraum bekommt, um seinem Auftrag gerecht zu werden. Da Kommunikationmanager die Erwartungen und Anliegen der internen Stakeholder am besten kennen, sind sie in der Lage und in der Pflicht, die Wahrnehmung von Zielen und Prozessen positiv zu beeinflussen, Ängste zu reduzieren, Anforderungen zu erklären und die Menschen zum Wandel zu befähigen.
Allerdings gilt auch: Wenn die Kommunikation nicht erkennbar zur Unternehmens- und Kulturentwicklung beiträgt (z.B. weil im Kommunikationsteam bestimmte Kompetenzen fehlen oder es an Ressourcen mangelt), muss sie neu justiert werden. Der Kulturwandel kann dann die Neuausrichtung des Kommunikationsmanagements erfordern.
Fünf Maximen im Kulturwandel
Weil die Anforderungen in der Praxis für viele diffus sind, möchte ich hier fünf Maximen nennen, denen sich CEOs und Kommunikationsmanager orientieren können. Es sind die Bausteine des Projekts „Kulturwandel“ und sie gelten für alle Unternehmenstypen:
- Der Kulturwandel erfordert ein Leitbild
- Der Kulturwandel erfordert eine Strategie
- Der Kulturwandel erfordert eine veränderte Infrastruktur und Rahmenbedingungen, die ihn unmittelbar sichtbar und erlebbar machen
- Der Kulturwandel erfordert die Vernetzung aller kulturrelevanten Bereiche und Projekte im Unternehmen
- Der Kulturwandel muss als Großprojekt gemanagt werden
Der Kulturwandel erfordert ein Leitbild
Wenn gravierende Weichenstellungen verstanden, akzeptiert und unterstützt werden sollen, setzt das ein Höchstmaß an Transparenz und Orientierung voraus. Dazu tragen Leitbilder im doppelten Sinn bei. Zum einen ist es, wie erwähnt, entscheidend, dass die Akteure an der Unternehmensspitze die kulturelle Weiterentwicklung selbst verkörpern. Mit ihrer Haltung und ihrem Verhalten, das heißt mit passenden Managemententscheidungen und ihrem Stil signalisieren sie den Wandel. Für Mitarbeiter und Führungskräfte machen sie als glaubwürdige Identifikationsfiguren den Prozess berechenbarer.
Daneben erfordert der kulturelle Wandel aber auch ein angepasstes Unternehmensleitbild. Darin werden nicht nur Vision und Anspruch des Unternehmens formuliert, sondern auch kritische Erfolgsfaktoren (z.B. eine veränderte Führungs- und Fehlerkultur). Schließlich bedeutet Veränderung für alle einen Prozess der Reflexion und des Lernens; und dabei hilft ein starkes Unternehmensleitbild, weil es bewusstseinsbildend und bewusstseinsverändernd wirkt.
Die Einhaltung und die Aktualität des Leitbilds müssen sichergestellt werden. Was sonst passiert, hat die Causa Volkswagen gezeigt. Details dieser weithin unterschätzten Managementaufgabe habe ich im Beitrag „Wenn Leitbilder unglaubwürdig machen“ genauer beschrieben.
Der Kulturwandel erfordert eine Strategie
Wie verankert man anderes Denken und Handeln in den Köpfen und Herzen der Menschen? Zielvorgaben, die Formulierung von Erwartungen und ein paar ermunternde Worte genügen zweifellos nicht, um eine Organisation im Kern zu drehen. Zum Management des Kulturwandels gehört es daher, den Umsetzungsweg zu skizzieren. Dazu ist eine eigene Strategie notwendig. Wie kann die aussehen?
Helmut Ebert und Manfred Piwinger haben Anfang 2009 in einem Beitrag zum Loseblattwerk „Kommunikationsmanagement“ mit dem Titel „Gestaltung von Unternehmenskulturen“ unter Verweis auf Ralph Höflinger verschiedene Strategietypen des Kulturwandels zusammengestellt.
- So nennen sie zum Beispiel die „Leadership-Strategie“ und führen aus: „Die Strategie ist durchsetzungsorientiert und setzt auf De- und Restabilisierung. Es ist der Machtweg zur Kulturveränderung. Handlungen dieser Strategie sind das Erzeugen von Veränderungsdruck, das Begeistern für das Neue, Ziele setzen, Aufmerksamkeit fokussieren, neue Attraktoren setzen und Lernangst verhindern.“
- Ein anderes Beispiel ist die „Beteiligungs-Strategie“, zu der die Autoren ausführen: „Die Strategie ist gemeinschaftsbildend, kooperativ und partizipativ. Handlungen zielen auf ein einheitliches Denk- und Wertesystem, auf das Schaffen von Identifikationsmöglichkeiten und darauf, Menschen zu vernetzen und Beziehungen zu vertiefen.“
- Interessant ist auch die „Struktur-Strategie“, zu der es heißt: „Die Strategie zielt auf das Verändern von Strukturen, Prozessen, Systemen und Instrumenten. Es ist der Weg der «harten Faktoren». Handlungen sind Führen, Kommunizieren, Feedback-Systeme einrichten, Anreiz- und Sanktionssysteme etablieren. Systeme errichten, die Fehler korrigieren. Systeme errichten zur Personal-Rekrutierung und Personal-Beförderung.“
Meistens kommt nicht eine einzige Strategie zur Anwendung, sondern eine Kombination verschiedener Ansätze. So wäre beim Kulturwandel von Volkswagen eine Strategie vorstellbar, die anders als bisher in besonderer Weise auf die Einbindung bzw. Einbeziehung der Mitarbeiter ausgerichtet ist („Beteiligungs- und Vernetzungsstrategie“). Sie könnte sich zum Beispiel in einer intensiveren Dialogorientierung, in neuen Formaten und Plattformen für den konzernweiten internen Austausch und neuen Formen der Kooperation niederschlagen. Vorstellbar ist auch, dass Elemente einer „Struktur-Strategie“ eingebunden werden, die auf die Veränderung von Hierarchien und Führungsprinzipien sowie auf veränderte Prozessabläufe abzielt. Wie weit so etwas gehen kann, zeigt das Beispiel von Daimler, wo kürzlich die Mitarbeiter selbst neue Führungsleitlinien erarbeitet haben. Eher weniger vorstellbar wäre dagegen, dass VW auf eine „Propaganda-Strategie“ setzt, die nach Ebert/Piwinger mit Kampagnen arbeitet und durch Belehren, Instruieren, Infiltrieren, Überreden und Ausbilden funktioniert.
Auch kleinere Unternehmen sollten nicht darauf verzichten, eine Strategie zur Umsetzung des Kulturwandels zu erarbeiten und diese dann auch klar zu kommunizieren.
Der Kulturwandel erfordert eine veränderte Infrastruktur und Rahmenbedingungen, die ihn unmittelbar sichtbar und erlebbar machen
Natürlich hängt der Erfolg eines Kulturwandels auch davon ab, wie die Rahmenbedingungen gesetzt werden.
- Die Neuordnung von Zuständigkeiten und Hierarchien oder die Abschaffung bestimmter Führungsebenen kann den Wandel erlebbar machen.
- Auch veränderte Instrumente und Kriterien zur Leistungsbeurteilung gehören hierher.
- Durch Einführung flexiblerer und produktiverer Formen der Zusammenarbeit kann man ebenfalls gute Rahmenbedingungen schaffen, zum Beispiel indem man neue Meetingformate festlegt oder neue Methoden wie agiles Projektmanagment einsetzt. Hier greifen auch kulturelle Veränderungen, die im Zuge der digitalen Transformation in vielen Unternehmen auf der Tagesordnung stehen.
- Auch personalpolitisch kann man die Weichen stellen, zum Beispiel indem man die Fähigkeit, zum Kulturwandel beizutragen, mehr als bisher als Kriterium bei der Auswahl von Führungskräften berücksichtigt.
- In vielen Unternehmen ist die Weiterentwicklung des Intranets zu einem multifunkationalen Arbeitsmittel der zentrale Motor des Kulturwandels. Wenn es zu einer Plattform für eine grundlegend veränderte interne Zusammenarbeit, für die Vernetzung von Projekten und Prozessen und für einen effizienteren Austausch von Wissen wird, unterstützt das den Prozess.
Neue Rituale und Signale
Noch entscheidender sind aber neue Rituale, die klar machen, dass das Top-Management Grenzen überwinden und das Unternehmen substanziell verändern will.
Als kürzlich Hans-Otto Schrader, der Vorstandsvorsitzende der Otto Group (in der die kulturelle Weiterentwicklung prägender Bestandteil der Konzernidentität ist), allen Mitarbeitern seines Unternehmens das Du anbot, hat er ein außergewöhnliches Zeichnen in dieser Richtung gesetzt. So weit wird nicht jeder gehen. Aber mehr „Anfassbarkeit“ und Präsenz bei den Mitarbeitern, mehr Verlagerung von Verantwortung in die Unternehmensbereiche und die Regionen, Ausweitung des Gestaltungsfreiraums der Mitarbeiter und ähnliche Maßnahmen sind Schritte, die jedes Unternehmen einfach realisieren kann.
Auch Volkswagen hat hier mit dem Beschluss zur Förderung selbstverantwortlichen, unternehmerischen Denkens sowie zur Dezentralisierung die Weichen gestellt. Vermutlich ist lange Zeit viel Know-how und Innovationsgeist im Konzern durch die Zentralisierung auf Wolfsburg ungenutzt geblieben (ich denke zum Beispiel an die beeindruckende Innovationskompetenz von VW gedas, dem einstigen Systemhaus von VW).
Der Kulturwandel erfordert die Vernetzung aller kulturrelevanten Bereiche und Projekte im Unternehmen
Der Kulturwandel ist eine interdisziplinäre Herausforderung. Alle kulturrelevanten Bereiche und Projekte im Unternehmen sollten vernetzt und unter Führung des Kommunikationsmanagements orchestriert werden. Hierzu zählen außer dem gerade erwähnten
- Innovationsmanagement, das per se kulturverändernd ist,
- auch das Nachhaltigkeits- bzw. CSR-Management, dessen Erfolg von der unternehmensweiten Verankerung einer Nachhaltgkeitskultur abhängig ist,
- und das Compliance-Management, das ebenfalls nur durch Etablierung einer compliancegerechten Kultur funktioniert,
- aber auch das enge Zusammenspiel von HR und Unternehmenskommunikation bei der Unterstützung oder Befähigung von Führungskräften und Mitarbeitern zum Kulturwandel im Geschäftsbetrieb (z.B. mit Coaching oder Moderation von Entwicklungsmaßnahmen).
Sich auf eine striktere Einhaltung von Regeln und regelkonformen Prozessen unter dem Dach der Compliance zu konzentrieren, genügt nicht.
Und beim Innovationsmanagement kann man auch umgekehrt Schlüsse ziehen: Wenn der Kulturwandel misslingt, liegt die Ursache oft auch in einer ausgeprägten Innovationsschwäche (z.B. im Bankenbereich zu beobachten).
Hierzu passend empfehle ich den komplementären Beitrag „Das Dekagon der Untenehmenskultur: Wie Kommunikationsmanager die Kultur ausrichten und erlebbar machen“.
Dieser befasst sich mit den inhaltlichen Dimensionen der Unternehmenskultur, die bei der Weiterentwicklung zu berücksichtigen sind.
Der Kulturwandel muss als Großprojekt gemanagt werden
Großprojekte werden anders gesteuert und unterliegen anderen Anforderungen als gewöhnliche Projekte. Sie erfordern nicht nur mehr Ressourcen, eine umfangreichere Planung und eine besondere Kommunikationsbegleitung, sondern auch verbindliche Governance-Strukturen und eine professionelle Projektsteuerung. All das, insbesondere die Klärung der Governance und der Verantwortlichkeiten, trägt zur Effizienz im Kulturwandel bei und unterstreicht nebenbei die unternehmenspolitische Dimension des Prozesses. Sich auf eine striktere Einhaltung von Regeln und regelkonformen Prozessen unter dem Dach der Compliance zu konzentrieren, genügt nicht.
Nichts dem Zufall überlassen
Mit diesen Überlegungen wird hoffentlich deutlich: Die Kultur ist – ebenso wie die Kommunikation –ein zentrales Instrument des Managements. Aus einem oft belächelten „weichen“ Erfolgsfaktor ist ein knallharter geworden. Man sollte daher nichts dem Zufall überlassen. Die fünf Maximen zeigen, dass hier im Grunde nicht außergewöhnliche Meisterleistungen verlangt werden, sondern dass es auf Konsequenz, ausreichende Ressourcen und den persönlichen Einsatz des Top-Managements ankommt.
Ja, und manchmal hilft vielleicht auch ein einfaches, aber starkes Signal. Im Fall von VW könnte das zum Beispiel von den tonangebenden Familien Porsche und Piëch kommen.
Wäre es nicht wunderbar, wenn baldmöglichst Wolfgang Porsche und einer der Piëchs (vielleicht Hans Michel) gemeinsam vor die Belegschaft des Konzerns und vor die Öffentlichkeit treten und sagen: „Wir sind – trotz der gegenwärtigen Probleme – stolz auf das Erreichte und wollen jetzt den Kulturwandel. Wir wollen einer neuen Managergeneration die Chance geben, Grenzen und Gewohnheiten zu überwinden und den Konzern mit einer neuen Kultur in die Zukunft zu führen.“
Sie haben ja schließlich auch sonst nichts dem Zufall überlassen.
Kulturwandel von Volkswagen: mehr als eine unternehmerische Mission?
Warum lässt die Entwicklung der großen deutschen Konzerne niemanden kalt? Zum einen haben sie (nicht nur wegen der enormen medialen Aufmerksamkeit) eine gewisse Orientierungsfunktion für andere Unternehmen. Was hier in großem Maßstab gelingt oder misslingt, daraus kann man lernen und Schlüsse für das eigene Unternehmen ziehen.
Besonders genau schaut die Kommunikationsbranche darauf, wie VW den Kulturwandel meistert. Schließlich wird sich zeigen, ob dabei der Kommunikationsbereich den notwendigen Stellenwert bekommt, um seinen Leistungsbeitrag zum Unternehmenserfolg an herausgehobener Stelle demonstrieren zu können. Der PR-Branche würden solche prominenten postiven Beispiele mehr Rückenwind geben als irgendwelche Preisverleihungen.
Und was das gesellschaftliche Interesse betrifft: Da geht es den großen deutschen Konzernen ein bisschen wie der Fußballnationalmannschaft. Man will, dass sie gewinnen, weil sie irgendwie auch ein Teil der Gesellschaft sind. Ich nenne das den Symbolismus des Kulturwandels.
Unterschwellig werden die Herausforderungen der großen Unternehmen vielleicht auch mit denen der Politik verglichen. Auch dort sehnen sich die Menschen nach einem Kulturwandel, konkret nach einem Wandel der politischen Kultur. Müller im Merkel also im gleichen Boot? Wir wollen es nicht übertreiben. Aber um mehr als eine unternehmerische Mission geht es beim Kulturwandel von VW – genauso wie bei Daimler, Lufthansa, Deutscher Bank, Siemens & Co – gewiss.
Fazit
Die Wirtschaft befindet sich permanent im Veränderungsmodus. Der Kulturwandel ist eine der zentralen Herausforderungen, die Unternehmen zu leisten haben.
Er benötigt grundsätzlich eine eigene Strategie und ein geplantes Vorgehen.
Viel hängt davon ab, dass sich die Top-Manager als glaubwürdige Vorbilder für den Kulturwandel engagieren.
Natürlich hat das Kommunikationsmanagement eine Schlüsselfunktion. Es muss den Kulturwandel orchestrieren und managen. Dazu braucht es die volle Unterstützung der Unternehmensführung und den notwendigen Gestaltungsspielraum.
Ganz praktisch mag es helfen, sich an fünf Maximen zu orientieren. Sie gelten für alle Unternehmenstypen.
Jeder Kulturwandel erfordert:
- ein neues oder weiterentwickeltes Unternehmensleitbild,
- eine Strategie,
- eine spürbar veränderte Infrastruktur und Rahmenbedingungen,
- die Vernetzung aller kulturrelevanten Bereiche und Projekte,
- das Verständnis und die Behandlung als Großprojekt.
Für große deutsche Konzerne wie Volkswagen, Daimler oder Deutsche Bank geht es beim erfolgreichen Kulturwandel um die Zukunft. Ihr Schicksal lässt indessen niemanden kalt, denn irgendwie können alle daraus lernen: andere Unternehmen, die Kommunikationsbranche, Gesellschaft und Politik.
Insofern geht es beim Kulturwandel oft um mehr als eine unternehmerische Mission.
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