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Manuskript eines Beitrags in Controlling & Management Review Sonderheft 2 | 2014, erhältlich in der endgültigen Form bei Springer unter der DOI 10.1365/s12176-014-0957-9

Unternehmen brauchen eine gut funktionierende interne Kommunikation. Sie trägt nicht nur maßgeblich zur Reputation und zum nachhaltigen unternehmerischen Erfolg bei, sondern ist auch ein Führungsinstrument und hilft besonders in kritischen Unternehmenssituationen. Wie gestaltet man einen glaubwürdigen und lebendigen Dialog? Im folgenden Manuskript eines Beitrags der Zeitschrift Controlling & Management Review, der Anfang Juli 2014 erschien, werden fünf Faktoren vorgestellt, die helfen, eine wirkungsvolle interne Kommunikation aufzubauen.

Veränderte Kommunikationsbedingungen erfordern Orientierung im Unternehmen

Die Bedingungen der global vernetzten, technologisierten Kommunikationsgesellschaft haben sich in den letzten Jahren dramatisch verändert. Kommunikation ist in jeder Form schneller, komplexer und unüberschaubarer geworden. Reaktionszeiten sind auf ein Minimum verkürzt, Erwartungen von Stakeholdern – seien es Kunden, Mitarbeiter oder Investoren – verändern sich permanent. Markenprofile oder auch die mühsam aufgebaute Unternehmensreputation insgesamt können rasch und massiv beschädigt werden. Auch die Wege der Einflussnahme haben sich verändert. Ein kritischer Blogbeitrag oder Twitter-Tweet kann mehr anrichten als eine negative Schlagzeile im „Spiegel“. Für Unternehmen ist es schwieriger geworden, dauerhaft Gehör und Vertrauen zu finden. Aus all diesen Gründen brauchen Unternehmen eine starke interne Kommunikation. Sie nämlich schafft Orientierung im Innern und trägt zur Unternehmensreputation und zu nachhaltigem und profitablem Wachstum bei.

Interne Kommunikation bedeutet vor allem Dialog

Wer interne Kommunikation bloß als interne Information versteht, etwa als „Sprachrohrfunktion“ für die Botschaften des Top Managements, macht es sich zu leicht. So lassen sich beispielsweise Compliance-Regeln oder ehrgeizige Nachhaltigkeitsvorhaben nur dann umsetzen, wenn Führungskräfte und Mitarbeiter ein tiefes Verständnis für die Zusammenhänge ihres Handelns entwickeln und daraus Konsequenzen für die Praxis ableiten. Es geht dabei nicht nur um reibungslose Informationsflüsse, sondern um eine Kultur der Kooperation, des Wissens- und Meinungsaustausches sowie der gemeinsamen Problemlösung. Mitarbeiter und Führungskräfte wollen in einen Dialog eingebunden sein.

Für das Management bedeutet dieser Dialog nicht nur Aufwand, sondern auch Erkenntnis: Es kann die spezifischen Erwartungen, Ansprüche und Anliegen der internen Stakeholder erfahren und besser bedienen. Das stärkt die Akzeptanz und Durchsetzungsfähigkeit des Managements, was sich insbesondere in Krisen oder Veränderungsprozessen auszahlt.

Interne Kommunikation ist die Kunst der Empathie. Sie fördert eine Kultur des Austausches und Hinhörens. Die Empathie der Führungskräfte für die Anliegen und Interessen der Mitarbeiter, aber auch umgekehrt der Mitarbeiter für die Anliegen des Managements stärkt die Identifikation mit dem Unternehmen. Aktive interne Kommunikation verhindert somit, dass die Glaubwürdigkeit des Managements an den internen Konfliktlinien im Unternehmen verloren geht.

Und noch ein weiterer Grund zeigt die Wichtigkeit des Dialogs: Mitarbeiter sind heute untereinander privat und beruflich viel stärker vernetzt als früher. Über Social Media finden ein reger Austausch und eine interne Meinungsbildung statt. Wenn Unternehmen diesen Austausch der Mitarbeiter mit eigenen Angeboten fördern und sich hier aktiv einklinken, können sie zwar Kommunikation nicht „kontrollierbar“, wohl aber ein Stück weit steuerbar machen. So werden auch spezifische Unternehmenswerte wie Offenheit, Transparenz oder gegenseitige Wertschätzung spürbar. Unternehmen entwickeln dann nach außen und nach innen ein klares, widerspruchsfreies Profil und gewinnen an Attraktivität und Bindungskraft. Ein guter interner Dialog wirkt sich positiv auf die Leistungsmotivation aus.

Weichenstellung: Fünf Aspekte sollte man im Blick behalten

Interne Kommunikation ist in manchen Punkten schwieriger und auf jeden Fall komplexer als die externe. Es geht nicht nur darum, spezielle Botschaften zu vermitteln und den internen Austausch auf breiter Basis zu gewährleisten, sondern auch darum, ein gemeinsames Verständnis zu entwickeln, wie bestimmte Themen und Vorgänge in der Öffentlichkeit wahrgenommen werden, welche Chancen und Reputationsrisiken sie möglicherweise bergen. Wenn ein Unternehmen beispielsweise eine bestimmte Technologie einführt, die in der Öffentlichkeit vielleicht kritisch gesehen wird, müssen die Mitarbeiter Bescheid wissen. Sie sollten wissen, wie diese Innovation voraussichtlich bei Kunden und Medien ankommt. Die interne Kommunikation muss also die Perspektive der externen Kommunikation mitdenken und vermitteln. Argumente und Darstellungen, die für externe Stakeholder erarbeitet wurden, müssen für interne Zwecke adaptiert werden.

Ein wirkungsvolles internes Kommunikationsmanagement aufzusetzen, fällt aber selbst großen börsennotierten Konzernen schwer. Mal nimmt die Unternehmensleitung den Wert interner Kommunikation nicht hinreichend ernst, mal fehlt eine klare Strategie, mal sind Inhalt und Stil nicht so angelegt, dass Mitarbeiter und Führungskräfte die interne Kommunikation attraktiv finden.

Folgende fünf Faktoren helfen bei der erfolgreichen Weichenstellung.

1.) Ganzheitliches Kommunikationsverständnis

Externe Kommunikation (Presse- und Medienarbeit) und interne Kommunikation sind oft kaum vernetzt, sondern personell und inhaltlich getrennt. Auf Dauer erfolgreich ist aber nur ein integriertes ganzheitliches Kommunikationsmanagement. Es sollte auf einer Strategie basieren, die interne und externe Kommunikationsanforderungen zusammen betrachtet. Widersprüche im Kommunikationsauftritt, die die Glaubwürdigkeit erschüttern können, werden auf diese Weise leichter vermieden. Nur mit ganzheitlichem Ansatz und gemeinsamen Kommunikationsstrategien können bedarfsgerechte individuelle Maßnahmenkonzepte für die interne Kommunikation entwickelt werden, die eine nachhaltige Wirkung erzielen.

2.) Geregeltes Zusammenspiel aller Akteure und Bereiche im Unternehmen

Interne Kommunikation braucht Freiraum, aber auch klare Spielregeln. Sie sind für die Abstimmung von Botschaften, aber auch für das Funktionieren von Kommunikationswegen unerlässlich. Dominierte früher ein hierarchisches, selektives Kommunikationsverständnis, kommt es heute darauf an, dass die richtigen Akteure mit den richtigen Botschaften zum richtigen Zeitpunkt im Unternehmen zu Wort kommen und Gehör finden. Nicht allein die sicher abgestimmte Informationsverteilung, sondern die auf eine breite oder spezifische Wirkung ausgerichtete interne Kommunikation wird heute angestrebt. Dabei sollten wichtige Bereiche und Akteure im Unternehmen nicht zu kurz kommen, beispielsweise die Finanz- und Controlling-Experten. Die Anforderungen von Investoren und Kapitalmärkten zu kennen, sollte nicht einem kleinen Kreis vorbehalten sein, sondern vielmehr allen Mitarbeitern entlang der gesamten Wertschöpfungskette bewusst gemacht werden. Der CFO ist dabei nicht primär als „Manager von Kennzahlen“ gefordert, sondern neben dem CEO als wichtigster Akteur und Themensetter der internen Kommunikation. Schließlich entsteht eine gute „Equity Story“ durch unternehmensinterne Impulse.

Daneben spielen auch die Führungskräfte und ihre Befähigung zu guter Kommunikation eine wichtige Rolle. Glaubwürdigkeit entsteht nämlich nicht top-down. Idealerweise wird das Vorbild der Unternehmensführung intern multipliziert und durch die Führungskräfte im Unternehmen weitergetragen. Sie müssen im Dialog mit ihren Mitarbeitern Vorgänge und Anforderungen erklären und einordnen sowie die Werte des Unternehmens vermitteln. Für die Führungskräfte ist die interne Kommunikation ein anspruchsvoller Auftrag, der vielfältige Kompetenzen erfordert, etwa als interne Wertebotschafter. Ein gutes internes Kommunikationsmanagement unterstützt die Führungskräfte unter anderem dabei, Werte und Grundsätze des Unternehmens in der Kommunikation mit den Mitarbeitern erkennbar zu machen.

3.) Genaue Planung und richtige Infrastruktur

Sehr oft werden nur punktuelle Maßnahmen umgesetzt, die keine nachhaltigen Wirkungen erzielen, also beispielsweise keine unternehmensinterne Diskussion auslösen. Synergien zwischen externer und interner Kommunikation stellen sich dann nicht ein. Interne Kommunikation erfordert einen langen Atem und Kontinuität. Es muss immer wieder neue Angebote an Themen und Botschaften sowie attraktive Formen der Vermittlung oder der Interaktion geben, die jeweils auf die veränderten Erwartungen von Mitarbeitern und Führungskräften ausgerichtet sind. Das erfordert eine genaue Planung in Verbindung mit einer kontinuierlichen Bedarfsanalyse. Je nach Situation wird die Jahresthemenplanung der internen Kommunikation dann flexibel angepasst.

Neben der Planung ist die geeignete Infrastruktur Voraussetzung für ein wirkungsvolles und effizientes internes Kommunikationsmanagement. Die Kommunikation muss organisatorisch und unternehmenspolitisch entsprechend verankert sein, zum Beispiel bedarf es eines permanenten offenen und partnerschaftlichen Austauschs mit dem Top Management und der Einbindung in unternehmensrelevante Entscheidungen. Des Weiteren muss der Ablaufprozess effizient sein und die personelle sowie finanzielle Ausstattung ausreichen. Der Bedeutung der Aufgabe entsprechend sollten hierfür die besten Köpfe rekrutiert werden. Auch sollte es genügend Freiraum zur Reflexion von Strategien, Maßnahmen und ihrer Wirkung geben. Es lohnt sich, die Infrastruktur des internen Kommunikationsmanagements regelmäßig auf den Prüfstand zu stellen. Passen Teams, Budgets und gegebenenfalls Agentur- und Beratungsleistungen zu den Anforderungen? Erfolg und Effizienz einer guten Kommunikationsinfrastruktur sind gut messbar. Dies zeigt sich nicht zuletzt auch in Krisensituationen, wenn rasches, flexibles und wirkungsvolles Handeln gefragt ist.

4.) Themen und Stil interner Kommunikationsmaßnahmen

Kommunikation lebt von den Themen und Inhalten, aber auch vom passenden Stil. Die interne Kommunikation ist Geste und Spiegelbild der Kultur. Stimmungen, Emotionen, Ängste und Betroffenheiten spielen hier teilweise eine wichtigere Rolle als in der externen Kommunikation. Die richtige Wortwahl kann intern Berge versetzen, eine unbedachte Formulierung zum ungeeigneten Zeitpunkt hingegen einen Tsunami von Angst oder Missmut auslösen. Deswegen muss sich der Stil interner Kommunikationsmaßnahmen aufmerksam an den Erwartungen der internen Zielgruppen orientieren. Übertreibungen und unrealistische oder nicht authentische Darstellungsformen sind ebenso kontraproduktiv wie Halbherzigkeit. Die interne Verteilung einer Pressemitteilung über unternehmensrelevante Entwicklungen, mit der sich früher manches Unternehmen begnügte, reicht heute längst nicht mehr aus. Schwierige Unternehmensthemen erfordern unter Umständen auch größere, spezifische interne Kommunikationskampagnen.

5.) Authentizität und Unterstützung des Top Managements

Last but not least, die erfolgreiche Weichenstellung für gute interne Kommunikation erfordert das klare Commitment und die tatkräftige Unterstützung der Unternehmensführung. Sie ist der oberste Dialogpartner für Mitarbeiter und Führungskräfte. Von ihrem glaubwürdigen und authentischen Einsatz hängt der Erfolg der internen Kommunikation maßgeblich ab. Distanziert vorgetragene Standardformeln wecken keine Begeisterung. Ein leidenschaftlicher, persönlicher und authentischer Dialog zwischen Top Management und Mitarbeitern kann hingegen eine starke mobilisierende Wirkung entfalten.

Beispiel Metro Group

Die grob skizzierten fünf Erfolgsfaktoren machen deutlich, dass interne Kommunikation ein großes, facettenreiches Aktionsfeld ist. Der Handelskonzern Metro Group hat in seiner stürmischen Entwicklungsphase von 2001 bis 2008 in vielfacher Hinsicht Zeichen gesetzt. Die interne Kommunikation hat damals ebenfalls eine systematische Entwicklung erfahren, wobei die fünf Erfolgsfaktoren eine entscheidende Rolle spielten. Der Verfasser hat als damaliger Leiter der Konzern-PR auch die interne Konzernkommunikation betreut. Mit einem kleinen Team baute er ein funktionierendes internes Kommunikationsmanagement und ein glaubwürdiges internes Kommunikationsprofil auf. Dazu hat Erfolgsfaktor 1, das ganzheitliche Kommunikationsverständnis mit einem ausgewogenen Mix an internen und externen Kommunikationsmaßnahmen, wesentlich beigetragen.

Externe und interne Kommunikation wurden synergetisch miteinander vernetzt und eng abgestimmt. Dadurch entwickelte sich in strategisch relevanten Themenfeldern des Unternehmens ein gemeinsames Verständnis, beispielsweise zu den Chancen und Herausforderungen neuer Technologien im Handel. Für den einheitlichen Gesamtauftritt in diesen Themenfeldern war das wichtig. Auch die Einbindung und Vernetzung relevanter Akteure im Unternehmen wurden konsequent betrieben (Erfolgsfaktor 2). So gelang es zum Beispiel über die intensive Einbindung des CFOs, ein konzernweites Financial Supply Chain Management zu etablieren und intern die Einkäufer sowie extern die Lieferanten zu neuen Kooperationsformen zu bewegen. Mit der konsequenten Planung und Überprüfung der Infrastruktur (Erfolgsfaktor 3) sowie durch das Feilen an den hierfür relevanten Botschaften und geeigneten Darstellungsformen (Erfolgsfaktor 4) hat die interne Kommunikation in diesem Großprojekt gepunktet. Und fest steht auch, zumindest aus der Rückschau mit einigen Jahren Abstand: Ohne Erfolgsfaktor 5, also ohne die engagierte, authentische Unterstützung des ehemaligen Top Managements, hätte die Metro Group ihr damaliges extern und intern starkes Kommunikationsprofil nicht erreicht.

Unternehmen haben Nachholbedarf

Effiziente interne Kommunikation ist Voraussetzung für einen glaubwürdigen und erfolgreichen Unternehmensauftritt. Von ihr profitieren alle gleichermaßen: Unternehmensführung, externe und interne Stakeholder. Angesichts dramatisch verschärfter Rahmenbedingungen der modernen Kommunikationsgesellschaft ist eine wirkungsvolle unternehmensinterne Kommunikation Pflicht. Sie ist eine komplexe, aber beherrschbare Daueraufgabe.

  1. Binden Sie die unternehmensinterne Kommunikation im Sinne eines ganzheitlichen Verständnisses in Ihr Kommunikationsmanagement ein und achten Sie auf das gute Zusammenspiel von externer und interner Kommunikation!
  2. Stellen Sie sicher, dass die Spielregeln aller Akteure und Unternehmensbereiche in der internen Kommunikation zusammenpassen.
  3. Überprüfen Sie die Fitness und Passgenauigkeit der Infrastruktur für die interne Kommunikation; kümmern Sie sich um angemessene personelle und finanzielle Ressourcen.
  4. Achten Sie in der internen Kommunikation nicht nur auf die richtigen Themen und Inhalte, sondern vor allem auf den passgenauen Stil und angemessene Darstellungsformen.
  5. Fordern Sie das konsequente Commitment des Top Managements für die interne Kommunikation ein und stellen Sie die breite Unterstützung auf Führungsebene sicher.

Der kritische Blick auf die Realität in den Unternehmen zeigt, dass die interne Kommunikation nur langsam aus dem Dornröschenschlaf erwacht. Längst nicht überall ist ein ausbalanciertes Zusammenspiel interner und externer Kommunikation zu beobachten. Viele Unternehmen tun sich mit dem Management der internen Kommunikation offenbar noch schwer. Sie ist naturgemäß auch nicht delegierbar. Suchen Sie sich daher einen erfahrenen externen Sparringspartner, der Sie mit kritischer Distanz, sicherer Einschätzung von Stakeholder-Erwartungen und mit Sinn für das Machbare bei der Weichenstellung unterstützt! In diesem Sinne sollten sich Unternehmen um eine noch bessere interne Kommunikation bemühen.

Zusammenfassung und Thesen

  • Eine starke interne Kommunikation schafft Orientierung im Innern und trägt zur Unternehmensreputation und zu nachhaltigem und profitablem Wachstum bei. Sie erfordert einen langen Atem und Kontinuität, aber auch ein gewisses Maß an Flexibilität und die richtige Infrastruktur.
  • Die interne Kommunikation muss Raum für einen lebendigen internen Dialog schaffen, der einen Wissens- und Meinungsaustausch sowie gemeinsame Problemlösungen ermöglicht. Das wirkt sich positiv auf das Unternehmen und seine Mitarbeiter aus.
  • Unternehmen benötigen vor allem ein integriertes ganzheitliches Kommunikationsmanagement, damit ihre interne Kommunikation eine nachhaltige Wirkung entfalten kann. Ohne das klare Commitment der Unternehmensführung kann es aber keine gute interne Kommunikation geben. Neben dem CEO ist der CFO ein wichtiger Akteur und Themensetter der internen Kommunikation.